Unternehmenskauf in der ­Krise – Haftungsgefahr

Beim Kauf von Unternehmen, die sich in der Krise befinden, bestehen verschiedene Haftungsgefahren, insbesondere auch für den Kaufinte­ressenten.

Grundlagen

§ 2 EKEG (­Eigenkapitalersatz-Gesetz) definiert Tatbestände, wann sich ein Unternehmen in der Krise befindet. Das ist etwa der Fall, wenn das Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist bzw. die Eigenmittelquote weniger als 8 % und die fiktive Schuldentilgungsdauer mehr als 15 ­Jahre betragen. § 69 Abs 2 IO legt eine ­60-tägige Frist zur Insolvenzantragstellung fest. Bei dieser Frist handelt es sich um eine absolute Höchstfrist.

Spannungsfeld

Zentrale Bedeutung bei dem beabsichtigten Kauf eines Unternehmens in der Krise (sogenannter Distressed M&A – Deal) hat der Faktor Zeit. Je näher sich das Unternehmen innerhalb der 60 Tagesfrist auf den Zeitpunkt hinbewegt, an dem eine Insolvenzantragstellung zwingend notwendig ist, desto größer sind auch die Pflichten der Organe der Kapitalgesellschaft bzw. der Geschäftsführung. Unternehmensverkäufe werden in der Regel nicht innerhalb von wenigen Wochen abgewickelt. In der Regel hat – je nach Größe des zu verkaufenden Unternehmens – ein Due Diligence in steuerlicher, technischer oder rechtlicher Hinsicht stattzufinden, Verträge und Unterlagen werden gesichtet, etc.

Insolvenzverschleppung – Haftung

Wenn der angedachte Unternehmenskauf letztlich scheitert stellt sich die Frage, ob dadurch der Tatbestand einer Insolvenzverschleppung erfüllt ist, wodurch gemäß § 69 IO geschädigte Gläubiger einen Schadenersatz fordern könnten. Ist die Norm des § 69 Abs 2 IO verletzt, durch Nichtstellung des Insolvenzantrages innerhalb der 60-tägigen Frist, haften die Organe der dann insolventen Gesellschaft den Gläubigern für den eingetretenen Schaden, der dadurch entsteht, dass die Insolvenz zu spät angemeldet wurde. Haftet jedoch auch der Kaufinteressent des letztlich gescheiterten Unternehmens – oder Anteilserwerbs – für die eingetretene Insolvenzverschleppung? Soweit ersichtlich gibt es dazu keine Judikatur, sondern lediglich eine Rechtsmeinung (Alexander Schopper in Althuber/Schopper, Handbuch Unternehmenskauf und Due Diligence, Rz 82ff). In dessen Stellungnahme wird eine Haftung eines Kaufinteressenten abgelehnt. Begründet wird das damit, dass die Insolvenzantragspflicht nicht beim Kaufinteressenten liegt, sondern beim Organ der Zielgesellschaft. Darüber hinaus wäre eine Haftung des Kaufinteressenten sanierungsfeindlich, was wiederum den sanierungsfreundlichen Wertungen des Gesetzgebers entsprechen würde. Sieht jedoch der Kaufinteressent durch die Verschleppung der Insolvenz der Zielgesellschaft irgendeinen Vorteil, dann würde eine Haftung gemäß § 1295 Abs 2 ABGB (Sittenwidrigkeit) durchaus in Frage kommen.

Fazit

Der Verkauf eines Unternehmens oder von Anteilen eines Unternehmens, welches sich in der Krise befindet, ist eine rechtliche komplexe Aufgabe. Für die Organe des Zielunternehmens ist ein beabsichtigter Verkauf haftungsrelevant und muss daher mit äußerster Sorgfalt vorgegangen werden.

| Joachim Bucher

 

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