(Un)Entgeltlichkeit der ständigen Rufbereitschaft eines Arbeitsnehmers

Wie der OGH in seiner aktuellen Entscheidung 8 ObA 61/18f ausgesprochen hat, können Zeiten der Rufbereitschaft eines Arbeitsnehmers durchaus zusätzlich zum Entgelt für die tatsächlich geleitstete Dienstzeit abzugelten sein.
Konkret machte ein ehemaliger Dienstnehmer eines Sicherheitsunternehmens eine Abgeltung für mehrere tausend Stunden ständiger Rufbereitschaft geltend.
Der Arbeitnehmer erhielt für seine tatsächliche Dienstzeit einen monatlichen Bruttolohn war darüber hinaus aber verpflichtet, ständig in Rufbereitschaft zu sein. Hierfür erhielt er ein eigenes Mobiltelefon, welches stets aufgeladen zu halten war, nicht auf lautlos geschalten werden durfte und regelmäßig zu kontrollieren war, durfte die Stadt, in der er wohnte und arbeitete nur nach Voranmeldung verlassen, war in Zeiten von „Sicherheitshochsaisonen“ verpflichtet, keinen Alkohol zu sich zu nehmen und musste bei urlaubsbedingten Reisen vorab um Befreiung aus der Rufbereitschaft ansuchen.
Über finanzielle Aspekte der Dauererreichbarkeit wurde nie gesprochen. Auf das Dienstverhältnis kam auch kein Kollektivvertrag, der eventuell Regelungen zur (Nicht)Abgeltung vorsehen hätte können, zur Anwendung. Tatsächlich wurde der Kläger über 3 Jahre hinweg nur ca. ein Dutzend Mal in Dienst gestellt.
Das Höchstgericht judizierte nunmehr, dass keine Anhaltspunkte für eine (schlüssig) vereinbarte Unentgeltlichkeit der ständigen Rufbereitschaft vorliegen würden, weswegen dem Kläger ein Anspruch auf „ortsübliches angemessenes Entgelt“ im Sinne des § 1152 ABGB zukomme.
Die Rufbereitschaft, die vom Arbeitgeber im Rahmen der Einstellung als integraler Bestandteil des Dienstverhältnisses bezeichnet wurde, sei gegenständlich so strickt ausgestaltet gewesen, dass der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort nicht bzw. nur noch sehr eingeschränkt selbst bestimmen konnte; gleiches gelte für die Verwendung der Freizeit.
Die Rufbereitschaft selbst sei zwar nicht Arbeitsleistung im engeren Sinne, ginge aber jedenfalls über die den Arbeitnehmer treffende allgemeine Treuepflicht hinaus und beschränke ihn in seiner Freizeitgestaltung so sehr, dass der Dienstgeber zumindest zum Teil von der Arbeitskraft des Arbeitnehmers Gebrauch mache.
Die Zahlungsverpflichtung des Dienstgebers wurde sohin dem Grunde nach festgestellt. Hinsichtlich der Höhe des zu bezahlenden „Stundensatzes“ verwies der Oberste Gerichtshof die Causa wieder an die Unterinstanzen zurück, welche nunmehr entsprechende Sachverständigengutachten einzuholen haben werden.
| Martin Schiestl
bucher | partner RECHTSANWÄLTE - TIPP
bucher | partner RECHTSANWÄLTE empfehlen Dienstgebern daher bei der Vereinbarung von Rufbereitschaftszeiten mit Dienstnehmern und sofern ein Kollektivvertrag keine zwingenden Regelungen enthält, in Dienstverträgen festzuhalten, dass Rufbereitschaftszeiten mit dem laufenden Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung abgegolten sind, um spätere Arbeitnehmerforderungen in beträchtlicher Höhe zu vermeiden.