DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) – Namenschilder bei Gegensprechanlagen

Die Frage der Anwendbarkeit der DSGVO hat schon mehrfach zu Absurditäten geführt. Eine der jüngeren ist die Ankündigung von Wiener Wohnen, aufgrund der DSGVO sämtliche Namensschilder an Gegensprechanlagen zu entfernen.
Es stellt sich die Frage, ob die DSGVO überhaupt auf das Anbringen von Namensschildern an Wohnhäusern anwendbar ist. Nach Art. 2 Abs. 1 DSGVO (§ 4 Abs. 1 DSG) gelten die Vorschriften für „ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen“. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass die Verarbeitung von Daten bei größeren Wohnanlagen durchaus automatisiert erfolgt.
Auch eine gewisse Sammlung von derartigen Daten ist anzunehmen. Liegt die Einwilligung zur Anbringung eines Namensschildes durch den Betroffenen vor, besteht kein rechtlicher Handlungsbedarf.
Abgesehen davon, dass viele Betroffene kein Problem damit haben, das ihr Namensschild bei Gegensprechanlagen angebracht wird (damit sie für Gäste und Zustelldienste leichter auffindbar sind) liefert die DSGVO im Sinne einer Interessenabwägung Gründe für die Zulässigkeit.
Gerade bei großen Wohnanlagen mit mehreren Stiegen kommt es bei der Zustellung oder auch der Auffindbarkeit von Personen immer wieder zu Problemen. Es kann durchaus unangenehme Folgen haben, wenn etwa Einsatzkräfte den Betroffenen nicht ausfindig machen können. Auch die Gerichtsvollziehung und die Justiz haben ein Interesse an einer ordnungsgemäßen Kennzeichnung von Wohnungen in Mehrparteienhäusern. Dazu kommt, dass die Meldedaten auch bereits bisher in einem öffentlich für Jedermann frei zugänglichen Register veröffentlicht sind.
Zusammenfassend ist daher schwer argumentierbar, dass auch bei grundsätzlicher Anwendbarkeit der DSGVO (zumindest in größeren Anlagen) ein Recht der Betroffenen bestünde, dass der Name nicht an der Gegensprechanlage aufscheint.
Nur dann, wenn die betroffene Person aus ethischen, sozialen, gesellschaftlichen oder familiären Zwangssituationen ein berechtigtes Interesse hat, nicht aufzuscheinen, wird man diesem Interesse auch entsprechen müssen. Eine, auch medial geführte Debatte, ist somit rechtlich nicht völlig, aber doch ziemlich sinnentleert geführt worden.
Die DSGVO bildet grundsätzlich keine Rechtsgrundlage zur Entfernung von Namenschildern bei Gegensprechanlagen.
| Joachim Bucher
bucher | partner RECHTSANWÄLTE - TIPP
bucher | partner RECHTSANWÄLTE beraten Unternehmen unter anderem im Zusammenhang mit der DSGVO und Compliance-Regelungen und stehen Ihnen gerne beratend zur Seite.