Der Entlassungsgrund der ­Vertrauensunwürdigkeit

In seiner Entscheidung 8 ObA 46/19a hatte sich der Oberste Gerichtshof einmal mehr mit dem in § 27 Ziffer 1 Angestelltengesetz normierten Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit zu beschäftigen, der zumeist mit großen Unsicherheiten behaftet ist, da gemäß ständiger Judikatur jeweils eine Einzelfallbetrachtung anzustellen ist, ob die jeweilige Verhaltensweise derart gravierend ist, dass sie die sofortige Auflösung eines Dienstverhältnisses rechtfertigt.

Gegenständlichenfalls klagte ein Buchhalter erfolglos seine angeblichen Ansprüche (Kündigungsentschädigung, etc.) wegen behaupteter ungerechtfertigter Entlassung ein.

Der bei der beklagten Partei als Leiter der Buchhaltung für 3 Tochtergesellschaften angestellte Kläger hatte sich nämlich über Ersuchen des Prokuristen bereit erklärt, diesen bei der Verschleierung von Zusatzeinkünften für seine Beiratstätigkeit in einer der Tochtergesellschaften zu unterstützen, um die aus dieser Zusatzeinkunft resultierende Umsatz- und Einkommenssteuer nicht abführen zu müssen.

Zu diesem Zweck unterlies es der Kläger, die Überweisungsvorgänge in der Buchhaltung ersichtlich zu machen, bzw. stellte er mehrere Rechnungen mit gleicher Rechnungsnummer aus, um den tatsächlichen Zahlungsempfänger zu verschleiern.

Nachdem diese Vorgehensweise bei der beklagten Partei hervorkam, sprach diese unverzüglich die Entlassung aus. Der Argumentationslinie des Klägers, es habe sich bei den inkriminierten Vorgängen um ein irrtümliches bzw. versehentliches Fehlverhalten gehandelt – was nach derzeit gültiger Rechtsprechung wohl tatsächlich zum Ausspruch einer unberechtigten Entlassung geführt hätte – folgte der Oberste Gerichtshof nicht.

Das Höchstgericht wies das Klagebegehren vielmehr mit dem Argument ab, dass gerade die Tätigkeit eines leitenden Angestellten, der Buchhaltungsaufgaben für mehrere Gesellschaften übernimmt, ein überdurchschnittliches Vertrauen voraussetzt.

Darüber hinaus könnten gerade unrichtige buchhalterische Darstellungen für ein Unternehmen gravierende Folgen haben, weswegen die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses für die Dauer der Kündigungsfrist hier als nicht zumutbar beurteilt wurde; dies unabhängig davon, ob dem Unternehmen aus dem Fehlverhalten des Klägers tatsächlich ein Schaden erwachsen ist.

| Martin Schiestl

 

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bucher | partner RECHTSANWÄLTE empfehlen Unternehmen jedenfalls vor Ausspruch von Entlassungen, insbesondere wenn diese auf dem Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit aufbauen sollen, rechtlichen Rat einzuholen, dabei aber den Faktor Zeit im Auge zu behalten, da Entlassungsgründe bei sonstigem Erlöschen unverzüglich ausgesprochen werden müssen.

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