Covid-19-Beschränkungen: Entschädigungsansprüche ja oder nein?

Die Frage, ob Entschädigungen aus den Beschränkungen, die durch ­Covid-19-Gesetze, Verordnungen und Maßnahmen dem Betroffenen zustehen, wird seit Monaten heiß diskutiert.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit drei Erkenntnissen vom 14.07.2020 erstmalig dazu – wenn auch nicht in Beurteilung eines Schadenersatzanspruches– interessante Begründungen gegeben. Im gegenständlichen Fall wurde beurteilt, ob das verordnete Betretungsverbot für Kunden zu Entschädigungsansprüchen des betroffenen Unternehmers führen kann. Der Verfassungsgerichtshof hat die Betretungsverbote für Kunden als „Betriebsschließungen“ qualifiziert. Diese Begründung ist durchaus bemerkenswert, zumal § 1 der Maßnahmen VO eben nur ein Betretungsverbot für erwerbswillige Kunden vorsieht, jedoch keine Betriebsschließung an und für sich. Angemerkt sei, dass viele betroffene Unternehmen vom klassischen Verkauf zum Versandhandel umgestellt haben, was bei einer Betriebsschließung an und für sich nicht möglich wäre.

Der VfGH hat die Einordnung der Betretungsverbote als Betriebsschließung für notwendig gehalten um § 4 Absatz 2 Maßnahmengesetz auf die verordneten Betretungsverbote anwenden zu können. ­Dieser Bestimmung zufolge sind nämlich die Regelungen des Epidemiegesetzes über die Schließung von Betriebsstätten ausgeschlossen, nicht aber auch jene über Betriebsbeschränkungen. Daraus folgt die Einordnung, dass Betretungsverbote als Betriebsschließungen unerlässlich waren, um aus dem vorgenannten Maßnahmengesetz den Ausschluss von Entschädigungsansprüchen nach dem Epidemiegesetz für Betretungsverbote ableiten zu können.

Dazu ist festzuhalten, dass die Schließungen der Skigebiete, Hotels, Gaststätten und Seilbahnen zunächst ausschließlich auf Basis des Epidemiegesetzes verordnet wurden. Daraus folgt jedoch, dass die Nichtanwendung des Epidemiegesetzes auf die verordneten Betriebsbeschränkungen nicht plausibel begründet wurden. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie einschränkende Regelungen zu beurteilen sind, die definitiv keine Betriebsschließungen darstellen, wie etwa die Beschränkung der Anzahl von Kunden oder auch die Abstandsregelungen. Daraus folgt wiederum, dass der Ausschluss von Entschädigungsansprüchen nach dem Epidemiegesetz schwer argumentierbar sein wird, wenn § 4 Absatz 2 Maßnahmengesetz nicht angewendet werden kann. Es kann daher durchaus sein, dass derartige Regelungen nicht als Betriebsschließungen, sondern als Betriebsbeschränkungen zu qualifizieren sind, die wiederum in § 20 Epidemie­gesetz geregelt werden und für die ein Entschädigungsanspruch nach § 32 Absatz 1 Ziffer 5 Epidemiegesetz zusteht.

Es bleibt daher spannend und wird abzuwarten sein, wie andere Höchstgerichte (VwGH, OGH) diesen Rechtskonflikt lösen. Werden sie das Ergebnis des VfGH mittragen oder werden sie zu dem Schluss kommen, dass die Betretungsverbote nach § 1 Maßnahmenverordnung nichts anderes als Betriebsbeschränkungen im Sinne des § 20 Epidemiegesetz sind, wofür dann auch entsprechende Entschädigungen zustehen würden?

| Joachim Bucher

 

bucher | partner RECHTSANWÄLTE - TIPP

Das Team von bucher | partner RECHTSANWÄLTE wird die Entwicklung dieses rechtlichen Widerspruches verfolgen und Sie diesbezüglich auch weiters informiert halten. Sollten Sie betroffen sein und dazu konkrete Fragen haben, stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Zurück